Politik

Die K-Frage lösen!

Die K-Frage lösen!

 

 

Es drängt! – Soll das näher am Fest der Auferstehung (Ostern) oder am Fest der Erleuchtung (Pfingsten) geschehen?

 

Zwischen Ostern und Pfingsten liegen – welcher Christ weiß das nicht? – vierzig Tage. Die zu teilen ist nicht schwierig, löst aber das Problem nicht, den einen oder anderen Kandidaten zeitlich zu bevorzugen. Einen Schalttag nach dem zwanzigsten einzuführen und auf ihn die Wahl zu verlegen – das lässt der Gregorianische Kalender nicht zu.

 

Dumm auch, dass das Problem nicht nur die Parteien quält, die ein C in ihrem Namen tragen. Also Rambo & Lasch. Nein, auch die mit der Farbe Grün! Fraglich, ob Robert sich als wahrer Gentleman erweist und zu einem „Ladies First“ bereit ist.

 

Wäre es bei dieser schwierigen Gemengelage nicht angezeigt, auf ein Verfahren zurückzugreifen, das anderswo schon prächtige Erfolge erzielte? – In Venedig beispielsweise. Bei der Wahl des Dogen.

 

Der Doge (lateinisch dux, der Fürst) war das Oberhaupt der Republik Venedig. Wählbar waren Mitglieder des Großen Rats, von denen jeder seine Kugel in einer Lostrommel deponierte. Daraus zog ein Zehnjähriger, der Ballatino, dreißig Kugeln, die dann durch Los auf neun reduziert wurden. Die Neun wählten vierzig Aspiranten. Aus diesen wurden durch Los zwölf  Stimmberechtigte gezogen. Diese Zwölf wählten fünfundzwanzig, die durch des Jungen Tätigwerden auf neun reduziert wurden - die dann fünfundvierzig aus ihrer Mitte bestimmen konnten. Der Knabe wählte per Los schließlich aus diesen fünfundvierzig elf aus, die einundvierzig Repräsentanten bestimmen konnten. Und diese Einundvierzig wählten den Dogen. Das Quorum waren 25 Stimmen, also etwa eine Zweidrittelmehrheit wie sie bei der Papstwahl gilt.

 

Schick nicht? Und schnell, nur so wenige Wahlgänge! Da dauert es ja bei Deutschland sucht den Superstar länger! Jeden Mathematicus muss eine solche Wahl entzücken. Und vor allem den Präsidenten des Steuerzahlerbundes. Nicht auf beiden Seiten Dutzende Millionen verpulvern. Die kann man gut woanders brauchen, dem Herrn Gesundheitsminister beispielsweise ein Logistik-Programm zu kaufen.

 

Gelassenheit würde sich bei diesem Wahlverfahren einstellen. Alle könnten sich zurücklehnen, um sich wichtigeren Aufgaben zu widmen. Besser als wochenlang durch die Republik zu schaukeln.

 

Apropos Republik! Sage mir keiner, Venedig sei nicht eine erfolgreiche gewesen!

 

In ihrer elfhundertjährigen Selbständigkeit hat Venedig auf allen Gebieten Bedeutendes erreicht, im Kriegerischen (Eroberung von Byzanz, Territorialgewinne in Oberitalien, in Dalmatien) wie im Handel und in der Kunst (Giorgione, Tizian, Tintoretto). Die Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Spanien und Portugal, die den Niedergang des Levantehandels einleitete, ließ die Bedeutung Venedigs zunächst schwinden. Zuvor war Venedig die wichtigste Handelsstadt im Mittelmeerraum. Man verstand es jedoch, ihren durch die Umleitung der Handelsströme bedingten Bedeutungsverlust durch die Entwicklung einer Luxusgüterindustrie (Glas, Keramik, Email) aufzufangen, wovon die Provinz Venetien noch heute Nutzen zieht. In der Auseinandersetzung der Mächte verhielt sich die Republik neutral; ihre Diplomatie wurde an allen europäischen Höfen gerühmt. Die Menschheit ist von der Einzigartigkeit des städtebaulichen Konzeptes, das der Not geschuldet ist, anhaltend begeistert. Die Veneter bauten eine Stadt auf Pfählen – in der Lagune, weil sie vor den Langobarden dorthin fliehen mussten. Die Stadt der Dogen wurde eine Kultstätte für Schauspiel, Kunst ... und für mediterranes Lebensgefühl.

 

Was hat dagegen unsere Republik zu bieten, nachdem Jogi Löw und Dieter Bohlen ihren Rückzug angekündigt haben und wir im European Song Contest immer nur hintere Plätze belegen?

 

Eine Frage ist freilich noch zu klären, bevor wir diesen Vorschlag einem Herrn vorlegen, der zwar kein Schwabe, aber dennoch gescheit ist: dem Herrn Bundestagspräsidenten. Wer denn der Ballantino sein soll – der, der den Wahlgang entscheidend voranbringt.

 

Keine Frage, das muss ein Waisenknabe sein, ein Waisenknabe aus einem katholischen Internat. Von den „-Spatzen“ beispielsweise. Die Kirche hat eine Imageaufbesserung nötig. Und mit Spatzen kennt sie sich gut aus.

 

Und der Große Rat, von wem wird der gebildet? Auch keine Frage, die Bundesversammlung ist das, also das Verfassungsorgan, das für die Wahl des Bundespräsidenten verantwortlich ist. Mindestens die Hälfte  ihrer Mitglieder, die Bundestagsabgeordneten,  wird man als Angehörige der Quasi-, der persistenten Eliten bezeichnen können - als Berufspolitiker Repräsentanten des Konsens-Triumvirats, das aus unselbständigen Aufsteigereliten in Großunternehmen, Beamten und Gewerkschaftsfunktionären besteht.

 

Also so, wie es in der Republik Venedig war. Oder in der Römischen Republik. Da aber herrschten Adelige und Patrizier.

Da in der anderen Hälfte der Bundesversammlung, die von den Landesparlamenten gewählt/delegiert werden, auch Künstler, Sportler, Entertainer, Wissenschaftler und, ja, selbst Unternehmer (!) vertreten sind, ist eine gewisse Gewähr dafür gegeben, dass nicht alles beim alten bleibt, dass nicht zu viele Leichen im Keller belassen werden.

 

Wer wendet ein, dass durch das venezianische Los-Verfahren dem Zufall Tür und Tor geöffnet, der wahre Volkswille nicht abgebildet wird? Wissen es denn viele besser als einige wenige? Häufig nicht. Denn sonst gäbe es ja Religionen  nicht, die (meist nur) von Einem (Abraham, Jesus, Buddha, Mohammed) geschaffen wurden.

 

Und wenn die Masse an die Macht gelangt – ist es dann besser? Man blicke auf kommunistische Diktaturen und wird „Nein“ sagen.

 

Warum also nicht den Zufall walten lassen, wie das in La Serenissima, in der so erfolgreichen Republik Venedig, praktiziert wurde?

 

Denk ich an Deutschland in der Nacht,

Bin ich um den Schlaf gebracht.

 

 

 

Dr. Axel Glöggler

https://twitter.com/DrAxelGloeggler

 

Zurück