Über Glück

 

Wenn der Evangelist Matthäus sagt:

Sehet euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte – aber euer Vater im Himmel sorgt für sie. Und ihr seid ihm doch viel mehr wert als alle Vögel. Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern (6:26-27)

spricht er nicht von Glück, sondern vom Gottvertrauen. Da ist er gar nicht so weit entfernt von Insh‘Allah – So Gott will  oder dem Inhalt unseres Sprichworts: Der Mensch denkt, Gott lenkt.

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Burkard Müller rezensiert das Buch Ein Spanisches Testament von Arthur Koestler, das er seinem jungen Freund Nicolas widmete, beide auf Seiten der Republikaner Teilnehmer am Spanischen Bürgerkrieg. Während Koestler wie durch ein Wunder verschont bleibt, wird Nicolas am 14. April 1937, sicher kein Zufall: dem sechsten Jahrestag der Ausrufung der Republik, von den Falangisten hingerichtet.

„Koestler“ heißt es bei dem Rezensenten weiter, „hat mit seinem Buch sicher das Äußerste dessen erreicht, was sich mit einer Reportage tun lässt“ – was bei George Orwell, dem Verfasser von 1984, ebenfalls Teilnehmer am Spanischen Bürgerkrieg und in fundamentaler Opposition zu dem Kommunisten Koestler, keinerlei Beifall fand.

Über Koestler, dem das Verhältnis von Leben, Glück und Tod zeitlebens zu schaffen machte, fällt Orwell ein vernichtendes Urteil und merkt an: “Nur der wird glücklich werden, der nicht davon ausgeht, dass Glück ein Ziel des Lebens ist.“

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Robert Blum war ein Dichter und Politiker, Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung, die als Folge der 48er-Revolution gegründet worden war.

Er war ein Freiheitskämpfer.

Während der zweiten Revolutionsphase, im Oktober 1848, nahm er gegen die Kaiserlich-Österreichischen Truppen an der Verteidigung Wiens an der Seite der Revolutionäre teil, wurde verhaftet und am 9. November 1848

dem Schicksalstag der Deutschen

  • der Ausrufung der Republik 1918
  • dem Marsch auf die Feldherrnhalle 1923
  • der Reichskristallnacht 1938 und
  • der Fall der Mauer 1989

erschossen. Die Intervention zu seinen Gunsten, der Befehl zum Aufschub der Hinrichtung, kam einige Stunden zu spät.

Der deutsche Schicksalstag. Es stellt sich die Frage: steckt mehr als Zufall hinter dieser Kontinuität?

[Napoleon stürzte am 9. November 1799 die Regierung und übernahm als ‚Erster Konsul‘ die Macht. Das war ein Ereignis, das für das Heilige Römische Reich deutscher Nation höchst bedeutungsvoll sein sollte.

Schweickert, ein Jean Paul - Biograph, schreibt: „Der 9. November ist ein sonderbarer Tag. Vielleicht begann an diesem Tag unsere Geschichte. An diesem Tag kreuzen sich Idealismus, Idealität und Realität.“

Das Politbüro der KPdSU plante für den 9. November 1923 die Weltrevolution, beginnend in Deutschland.]

Der Untertitel eines weiteren Buches von Arthur Koestler Die Wurzeln des Zufalls lautet Ist Zufall wirklich Zufall? Koestler ist überzeugt, dass man eines Tages die Wurzeln des Zufalls bloßlegen wird und scheinbar Unwägbares ebenso exakt voraussagen kann wie die Planetenbewegung.

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Unglück, Glück und Zufall. Bei Kairos verbindet sich Glück mit Zufall: zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein.

Wie das Helmut Kohl verstand, als er im Spätherbst 1989 – nach dem Mauerfall am Schicksalstag – den Mantel der Geschichte packte.

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War es Glück, dass die Adeligen am Golf heute Millionäre sind? Sicher, die Big Five hatten dort enorme Öl-Vorräte entdeckt. Aber die Scheichs verstanden es, die Explorateure auf ihre demokratischen Prinzipien festzulegen und sie teilhaben zu lassen.

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In der hanseatischen Familien-Saga Elbleuchten wird das Schicksal einer Reederfamilie dem eines Hafenarbeiters zum Ende des 19. Jahrhunderts gegenübergestellt. Beim Stapellauf eines Schiffes gerät der Fuß des Hafenarbeiters Paul zwischen Kaimauer und Schiff, als er den Hut der Reederstochter aus dem Becken fischen will. Gabelfrühstück - Wundbrand, Tod.

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Glück und Unglück liegen nahe nebeneinander.

Eine Sekunde  Unachtsamkeit im Straßenverkehr: Unfall. Querschnittslähmung bis zum Lebensende.

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Glück und Unglück: Wer kennt sie besser als Sportler? Sportler (wie Künstler, wie Unternehmer) sind vom agonalen Typ, dem, der Wettbewerb bejaht.

Eine Zehntelsekunde mehr oder weniger, ein Tor in der Nachspielzeit entscheiden über Sieg und Niederlage.

Deswegen ist Sport unverzichtbar in der Erziehung. Er lehrt, wie das Leben eben ist.

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Sozialisten und Kommunisten beklagen das Elend der Welt. Unter ihrer Regie würde alles besser.

Gott-sei-Dank haben sie nicht obsiegt (und werden nicht obsiegen). Denn dann würde der Mangel umverteilt. Unglück wäre das Schicksal aller.

Ich lese lieber Johann Norbergs Fortschritt (2020), Johann Norberg, der mich schon mit seinem Buch Das Kapitalistische Manifest. Warum die globalisierte Marktwirtschaft den Wohlstand der Wirtschaft sichert (2003), überzeugt hat. Weil  ich hoffe, dass alle es lesen, alle, die daran zweifeln, dass unsere Weltgesellschaft einen  guten Verlauf genommen hat.

„Die gute Zeit ist jetzt!“, schreibt Norberg und liefert einen Tornado an Beweisen, dass die Menschheit heute gesünder, sauberer, klüger, freier und friedlicher – also glücklicher ist als je zuvor.

Nicht weil wir (nur) Gott vertrauen, sondern auf die Kräfte des Marktes und die Früchte der Aufklärung.

Halten wir es fest, das Glück, jetzt, da es den meisten von uns hold ist!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

  

 

 

 

 

 

 

 

  

  

 

  

  

 

 

 

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Dr. Axel Glöggler

https://twitter.com/DrAxelGloeggler

 

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